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Gemeinden brauchen ein Curriculum für ihre Bildungsarbeit

Wer den Missionsbefehl ernst nimmt, muss über Bildung nachdenken

Von Dr. Gyburg Beschnidt;
Zuerst veröffentlich im Bildungskalender 1. Halbjahr 2000

Curriculum - was ist das eigentlich und warum brauchen wir so etwas in unserer Gemeinde? Gute Frage, denn dieses Wort kommt in der Bibel nicht vor. Braucht man das dann wirklich, um als Christ verantwortlich zu leben? Ich denke: ja! Denn im Missionsbefehl (Matthäus 28, 19-20) werden wir aufgefordert, Lernen in der Gemeinde für alle Menschen zu ermöglichen: "Darum geht nun zu allen Völkern der Welt und macht die Menschen zu meinen Jüngern und Jüngerinnen! Tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch aufgetragen habe. Und das sollt ihr wissen: Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt."

Auch uns gilt Jesu Verheißung, dass in diesen Lernerfahrungen Jesus selbst für die Menschen erfahrbar sein wird. Curriculum ist also nur ein schönes, modernes Wort für alle Lernerfahrungen, die in der Gemeinde möglich sind. Diese Lernerfahrungen können in der Gemeinde gemacht werden bei Lob und Anbetung, in der Verkündigung und im Zeugnis, bei der Bildungsarbeit und dem Dienst. Planung in der Gemeinde, das Material, das in unseren Verlagen hergestellt wird, und Fortbildungsangebote, wie sie hier im Bildungskalender aufgelistet werden, unterstützen und fördern Lernerfahrungen in der Gemeinde.

Natürlich kann man Christsein, Jünger und Jüngerinnen Jesu Christi zu sein, auch Lernen ohne Programm, ohne Material und ohne Fortbildungsveranstaltungen. Kinder lernen ja auch eine Sprache, ohne dass sie je eine Grammatik oder ein Wörterbuch in der Hand hatten. Trotzdem schicken wir unsere Kinder in die Schule, denn wir wollen, dass sie systematisch und umfassend vorbereitet werden auf das Leben. Trotz aller Probleme mit Schule, Lehrern, Lehrbüchern und Schulcurriculum würden nur sehr wenige meinen, Kinder könnten ohne diese Erfahrungen gut durchs Leben gehen. Wenn es aber um das Christsein geht, dann vertrauen viele von uns eher auf spontane Lernerfahrungen. Dabei geht dann vieles verloren. Bei den Südlichen Baptisten in den USA wurde einmal überlegt, was alles zum verantwortlichen Christsein an Bereichen eines Curriculums dazugehört:

  • Bibel: das Verständnis von Gottes Offenbarung durch sein Wort und unsere Antwort in Glaube, Liebe und Gehorsam;
  • christliche Theologie und unser baptistisches Glaubensverständnis: ein Verstehen des Glaubensbekenntnisses und unser Verhältnis zu anderen Menschen;
  • christliche Ethik: einen christlichen Charakter entwickeln und die Fähigkeit, dies im täglichen Leben auszudrücken;
  • Geschichte: die Bedeutung und die Werte unserer Tradition verstehen;
  • Organisationen und ihre Beziehungen: die Organisation und die Handlungsweise unserer Gemeinde und unseres Bundes im Verhältnis zu den Verheißungen Jesu Christi verstehen;
  • Jüngerschaft und Dienst: Fähigkeiten erwerben, die in der Mission und Diakonie gebraucht werden;
  • Mission: Gottes Mission in dieser Welt verstehen und mit Verbindlichkeit und Gehorsam an seiner Mission in dieser Welt arbeiten;
  • Kirchenmusik: Verständnis und Fähigkeiten im Bereich Musik entwickeln, um Gott zu loben, als Zeugnis für seine gute Nachricht und als Bereicherung der Gemeinschaft unter Christen;
  • persönliche Gaben: Fähigkeiten entwickeln, um Gott zu dienen.

In jeder unserer Gemeinden und Gruppen stellt sich die Frage: Wo können wir das alles systematisch und umfassend lernen? Wenige Gemeinden haben sich diese Frage gestellt, geschweige denn darauf eine gute Antwort gefunden. Denn all das ist nicht möglich in einem wöchentlichen Gottesdienst. Und in der Bibelstunde, den GBS-Gruppen, Hauskreisen und Zellgruppen werden meist nur Lernerfahrungen im Bereich des ersten Punktes "Bibel" ermöglicht, manchmal auch nicht sehr umfassend. Dabei ist uns doch allen klar, dass wir, wenn wir in unserer anspruchsvollen und komplizierten Welt etwas ausrichten wollen, doch auch in den anderen Bereichen eines Gemeindecurriculums etwas Ahnung haben müssten. Aber in den meisten Bereichen der Gemeinde vertrauen wir eben auf zufällige Lernerfahrungen statt wie in anderen Lebensbereichen, in Beruf und Freizeit, systematisch uns ein Feld zu erarbeiten. Wenn wir uns so sehr auf den Zufall des Lernens verlassen, brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn wir nur Zufallstreffer im Bereich Mission, Ethik oder Diakonie landen.

Dabei könnten wir aus unserer Geschichte lernen, wie man ein gutes Curriculum, wichtige Lernerfahrungen in der Gemeinde ermöglicht: In der Zeit der Industriellen Revolution in England wurde Robert Raikes in Gloucester, England, aufmerksam auf das rüpelhafte und unverschämte Verhalten der Kinder in den Slums. Es gab damals noch keine Kinderschutzgesetze, darum arbeiteten die Kinder in den Bergwerken von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, nutzten dann alle ihre Freiheit und zogen in Horden durch die Straßen. Sie waren dreckig, zerlumpt und unerzogen. Keiner wollte sie, außer zur Arbeit. Da sie nicht schreiben und rechnen konnten, wurden sie dabei auch noch ausgenutzt. Raikes meinte, dass man diesen Kindern das Lesen beibringen könnte. Dann könnten sie die Bibel lesen und etwas über Gottes Rettung erfahren. 1780 mietete er einen Versammlungsplatz, stellte Lehrer ein und begann eine Schule am Sonntag, damit die Kinder lernen konnten und etwas über Gott und die Bibel erfuhren. Nur die Lehrer hatten damals eine Bibel, ihr Schulbuch für den Unterricht. Zulassungsvoraussetzung, die am Eingang kontrolliert wurde, war ein gewaschenes Gesicht und gekämmtes Haar. Und am Ende des Schulunterrichts erhielt jeder eine Münze. Die Kirchen hielten Raikes Bemühungen um diese verkommenen Kinder für sinnlos. Außerdem war Schule am Sonntag für sie ein Sakrileg und vielleicht eine Konkurrenz zum Gottesdienst.

Aber die Bewegung wuchs. Doch es blieb ein Problem. Das wenige Geld für diese Schulen wurde für die bescheidenen Lehrergehälter gebraucht. Es stand kein Geld für Bibeln, Unterrichtsmaterial und Gehälter zur Verfügung. Auch John Wesley unterstützte die Bewegung und setzte sich für ehrenamtliche Lehrer ein. Wahrscheinlich wurde seine methodistische Bewegung hauptsächlich durch diese Lernerfahrungen in den Sonntagsschulen und den Erwachsenengruppen gefestigt. Die Bewegung eines anderen, damals viel erfolgreicheren Erweckungspredigers, George Whitefields, überlebte jedenfalls nur in ganz wenigen kleinen Kapellen in England. 1811 gab es durch die Sonntagsschulbewegung 400 000 Sonntagsschüler in ganz England.

1785 begann dann die erste Sonntagsschule in Virginia in Nordamerika, wobei schon damals weiße und schwarze Kinder unterrichtet wurden, wenn auch nicht gemeinsam. Aufgrund der Bereitschaft, Gottes Wort weiterzusagen - hier durch den Unterricht für Kinder -, waren die Sonntagsschullehrer ihrer Zeit weit voraus. Selbst Mitte des 19. Jahrhunderts war es noch verpönt, Schwarzen lesen und schreiben beizubringen, weil man Angst hatte vor den Konsequenzen. Leser von "Onkel Toms Hütte" verstehen, was diese Sonntagsschulen für Schwarze bedeutet haben müssen.

Schnell wurden bei den Baptisten nicht nur Kinder in den Sonntagsschulen unterrichtet, sondern auch Erwachsene. Bei den Baptisten war gute Bildungsarbeit in den Gemeinden Tradition, denn man war darauf angewiesen, dass alle Mitglieder verantwortlich Entscheidungen treffen konnten. Man wollte und konnte sich ja oft auch nicht auf einen ausgebildeten Kleriker verlassen. Besonders Frauen trafen sich gern, um gemeinsam aus der Bibel zu lernen. Ende des 19. Jahrhunderts gab es bereits einen eigenen baptistischen Verlag in Amerika, der Material für die Sonntagsschulen veröffentlichte. Es entstanden auch Organisationen für Frauen, für Männer und Jugend, um Lernerfahrungen in der Gemeinde zu vermitteln.

Auch Johann Gerhard Oncken hatte die Sonntagsschulbewegung in England kennen gelernt. Er erhielt von der englischen Sonntagsschulunion einen Geldbetrag und begann 1825, vor 175 Jahren, mit der Sonntagsschularbeit in Deutschland. Zusammen mit Pastor Johann Wilhelm Rautenberg begann er den Unterricht für die Straßenkinder von damals, 45 Jahre, bevor in Hamburg die Schulpflicht eingeführt wurde. Wie auch in England war die Sonntagsschularbeit eine missionarische und diakonische Aufgabe. Auf der einen Seite sollte den Kindern Wissen über die Bibel, Gott und das Christentum vermittelt werden; auf der anderen Seite wurde damit den Kindern aus den ärmeren Familien die Möglichkeit gegeben, durch Bildung ihre sozialen Aufstiegschancen zu verbessern. Selbst die einfachste Bildungskonzeption, hier die Idee, Kindern lesen und schreiben lernen mit Hilfe der Bibel zu ermöglichen, hatte schon große missionarische und diakonische Konsequenzen, die weit über den baptistischen Bereich hinausgingen und zu den Anfängen der Inneren Mission in der Evangelischen Kirche beitrugen, denn auch Johann Hinrich Wichern gehörte zu den Lehrern in der Sonntagsschule in Hamburg.

Die Sonntagsschulbewegung ist nur eine Antwort, die u. a. baptistische Gemeinden auf die Frage nach einem Curriculum gefunden haben. Auch heute noch fällt vielen bei dem Stichwort Lernen zunächst die Sonntagsschule und dann die entsprechenden Gruppen für Erwachsene ein: Stubenversammlungen, Gemeindebibelschulgruppen (seit 1977 in Deutschland), Hauskreise, Zellgruppen. Vielleicht dann auch noch der Gemeinde- und der Taufunterricht. Aber lernen wir dort wirklich alles, was wir für unser persönliches Leben, das Gemeindeleben und das Leben in unserer Gesellschaft brauchen? Ich wünsche mir, dass wir in unseren Gemeinden beginnen, über ein Curriculum nachzudenken, dass ein Hunger nach guten Lernerfahrungen entsteht und dass wir merken, dass lebenslanges Lernen große Freude machen kann. Denn was gibt es Schöneres, als immer wieder neu zu lernen und zu lehren: Jesus Christus ist immer bei uns, jeden Tag, bis zum Ende der Welt!

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