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(Heimatmission)
im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden

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Ist ein Hauskreis schon eine Gemeinde?
Gemeindemodelle unter der Lupe

Von Dr. Heinrich Christian Rust; Zuerst veröffentlicht in abc 4/2000

Ich bin in einer sehr kleinen Gemeinde aufgewachsen. Wir bemühten uns, die Gottesdienste lebendig zu gestalten, eine Kinderarbeit und Jugendarbeit zu haben und eine Chorarbeit. Zudem gab es die Bibelstunde und den Büchertisch. Schließlich bekamen wir sogar einen "eigenen Pastor" und ein "eigenes Gemeindehaus". Alles schien mir so ganz selbstverständlich zu einer Gemeinde nach dem Neuen Testament zu gehören. Der Blick in die Bibel relativiert diese Selbstverständlichkeit: Da gibt es keine großartigen Gemeindehäuser und Kirchengebäude, von hauptamtlichen Mitarbeitern ist nur sehr verhalten die Rede; Kinder- und Jugendarbeit, so wie wir sie pflegen, kommen nicht vor und auch von Chören oder Büchertischen ist uns im Neuen Testament nichts berichtet. So sei die Frage gestattet, wie biblisch denn eigentlich die unter uns sich entwickelte Form des Gemeindelebens ist?

Verwirrung mag da entstehen, wo sich ein Hauskreis auf einmal selbst als neutestamentliche Gemeinde sieht und sich von uns verabschiedet. "Das geht doch nicht!" wollen wir protestieren. Ab wann aber ist eine Gemeinde eine Gemeinde nach dem Neuen Testament?

Können wir uns aber allen gegenwärtigen Modellen des Gemeindeaufbaus öffnen? Und welches Modell ist für die jeweilige Situation das beste? Viele Formen lassen sich in kleinen Gemeinden gar nicht umsetzen; zielgruppenorientierter Gemeindeaufbau hat seine Grenzen. Ich sehe, dass es in nächster Zukunft in der freikirchlichen Landschaft in Deutschland mindestens vier Grundmodelle des Gemeindeaufbaus geben wird. Jedes dieser Modelle hat Vor- und Nachteile, Chancen und Gefahren. In der Heimatmission wollen wir dazu helfen, dass jede Gemeinde vor Ort ihre optimale Gestalt entdeckt und findet.

  1. Der "traditionelle Gemeindeaufbau"
  2. Dieses Modell finden wir in allen Kirchen und Freikirchen. Es ist das unter uns übliche: Wir haben ein Gemeindehaus oder eine Kirche, in der sich die Gemeindeveranstaltungen abspielen. Es gibt ein mehr oder weniger breites Gruppenangebot. Wenn möglich hat die Gemeinde einen Pastor oder eine Pastorin. Die Gemeinde ist identifizierbar durch ihre konfessionelle Zuordnung.

    Der Vorteil dieses Modells liegt u. a. darin, dass eine solche Gemeinde in der Mission und in der Öffentlichkeit als erkennbare Größe auftritt. Das Gemeindeleben bietet je nach Möglichkeit eine Vielzahl von Angeboten und Veranstaltungen. Zudem trifft der traditionelle Gemeindeaufbau auf das Bedürfnis und die Erwartungen vieler in unserem Land, nach dem Motto: Eine Kirche ist erst dann ernst zu nehmen, wenn sie ein repräsentatives Gebäude und einen Pastor hat.

    Nachteilig ist bei diesem Modell, dass kleine Gemeinden sich oft minderwertig vorkommen, besonders wenn sie diese beiden markanten Kennzeichen nicht ausweisen können oder aus Mitarbeitermangel nur ein Minimal-Veranstaltungsangebot machen können. Auch die Gemeinschaftskomponente ist in veranstaltungs- und zielgruppen-orientierten Gemeinden oft sehr schwach entwickelt.

  3. Gemeindeaufbau durch Zellgruppen
  4. Einige Gemeinden versuchen derzeit, ihr Gemeindeleben "umzubauen". Wohl gibt es noch die große gottesdienstliche Veranstaltung, bei der die ganze Gemeinde zur Anbetung und Lehre zusammenkommt. Der Schwerpunkt von Gemeinschaft, Evangelisation,. Diakonie und biblischer Unterweisung geschieht je in Kleingruppen bzw. Zellgruppen. Diese Zellgruppen bilden das Herzstück der Gemeindearbeit und nicht eine Ergänzung zu anderen Gruppenarbeiten. Die klassische Zielgruppenarbeit (Jugend, Kinder, Senioren etc.) fällt weg. Die Zellgruppe setzen sich möglichst aus unterschiedlichen Menschen zusammen, sie sind sozusagen "kleine Gemeinden" einer großen Gemeinde, die durch eine gemeinsame lehrmäßige Ausrichtung (Konfession) und auch durch juristische Gegebenheiten vereint bleibt.

    Der Vorteil dieses Gemeindeaufbaus, für den Namen wie C. E. George oder Ralph Neighbour stehen, liegt eindeutig in der Intensivierung des Gemeinschaftserlebens. Das Maß der Verbindlichkeit ist kaum zu überbieten. In einer kleinen Zellgruppe ist jeder im Blick.

    Nachteilig wirkt es sich aus, wenn die einzelnen Zellgruppen ein zu starkes Eigenleben führen oder nicht mehr durch die gemeinsame Leitung koordiniert werden. Auch ist es nicht jedermanns Sache, in einer kleinen Gruppe zu sein. Die mehr unverbindliche Teilnahme an Gemeindeveranstaltungen ist kaum noch möglich. Das erschwert manchen Gästen den Zugang zum Gemeindeleben.

  5. Multikongregationaler Gemeindeaufbau
  6. Das klassische Beispiel für diese Art des Gemeindeaufbaus hat in den letzten Jahren die Community of Joy in Phoenix mit ihrem Pastor Walt Kallestad gegeben. Unter einem Dach treffen sich hier unterschiedliche Gemeinden, die durch verschiedene Veranstaltungs- und Gottesdienstformate verschiedene Gruppen und Milieus ansprechen. Diese Versammlungen (Kongregationen) unterscheiden sich in der liturgischen Gestaltung, in der Musik und in der Frömmigkeit oder durch andere kulturelle Ausprägungen. Vorformen gibt es in vielen Gemeinden durch die Einführung unterschiedlich geprägter Gottesdienste. Sie alle finden letztlich mit gleicher theologischer und konfessioneller Bindung statt, haben aber ein der Zielgruppe entsprechendes "Gesicht". Auch die bekannte Willow-Creek-Gemeinde in Chicago ist in diesem Sinne eine Zielgruppengemeinde.

    Der Vorteil dieses Modells liegt darin, dass sich vor Ort unterschiedliche Menschen ansprechen lassen und dass in einer Gemeinde Raum für verschiedene Formen und Ausprägungen gemeindlichen Lebens möglich wird. Die missionarische Anziehungskraft der Zielgruppengemeinden ist außerordentlich groß. Besonders wenn es um die Integration von unterschiedlich kulturell geprägten Gruppen geht (z. B. ausländische Gruppen), scheint dieses Modell das einzige zu sein, das auf Dauer "funktioniert".

    Nachteilig ist es, wenn die einzelnen Gemeinden außer einem Dach und einer gemeinsamen juristischen Person nichts Gemeinsames mehr haben. Oft sind es dann nur noch der Pastor oder die Gemeindeleitung, welche die Verbindungen zu allen Gemeindeteilen halten können.

  7. Das Hauskirchen-Modell
  8. In letzter Zeit macht ein Gemeindeaufbau-Modell auch in unseren Breitengraden immer mehr von sich reden: Es ist die sog. Hauskirche. Wir kannten diese Art des Gemeindeaufbaus aus China oder aus anderen außereuropäischen Ländern. Die Hauskirche, das ist in der Regel eine überschaubare Hausgemeinschaft von 12 bis 25 Personen. Sie kommt ohne hauptamtliche Mitarbeiter und ohne Kirchengebäude aus. In der Regel braucht eine Hauskirche auch keine juristisch erfasste Größe zu sein. Die Mitglieder gehören wie eine Familie zusammen; sie leben und funktionieren ähnlich wie eine Zellgruppe, aber haben keine Zuordnung zu einer anderen größeren Gemeinde. Sie verstehen sich als neutestamentlich vollwertige Gemeinde. Wenn eine Hauskirche zu stark wächst, teilt sie sich.

    Der große Vorteil dieses Gemeindeaufbaumodells, das auch in Deutschland zunehmend attraktiv wird, liegt in der großen Flexibilität und Überschaubarkeit des gemeindlichen Lebens. Das Gemeindeleben scheint sehr lebensnah zu sein. Zudem ist es von außen - auch politisch - nicht institutionalisierbar bzw. kontrollierbar.

    Eine deutliche Gefahr liegt demgemäß auch in der Unabhängigkeit dieser Hauskirchen. Wer greift ein, wenn eine solche Gruppe sich lehrmäßig "verirrt" oder wenn es Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit gibt? Um diesen Gefahren begegnen zu können, wird der überregionale Dienst hauptamtlicher Mitarbeiter aufgewertet.

Wahrscheinlich wird es in den nächsten Jahren auch in unserem Land diese unterschiedlichen Grundmodelle des Gemeindeaufbaus geben und zudem noch weitere Mischformen. Ich wünsche mir, dass wir Offenheit zeigen für neue Formen, auch wenn sie uns ungewohnt sind. Zudem gilt es, die Chancen und Gefahren deutlich zu sehen, die jedes Modell mit sich bringt.

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Dr. Gyburg Beschnidt; Missionarische Gemeindedienste im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden
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