Missionarische Gemeindedienste Missionarische Gemeindedienste
(Heimatmission)
im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden

____________________________________________________
- Gemeindegründung - Jüngerschaft - Gemeindeaufbau
Informationen für Hauskreise, Kleingruppen, Gemeindebibelschule, Hauskirchen, Gesprächstreffen, Stubenversammlungen, Zellen ...
Willkommen
Treffpunkt Bibel
Praxis
der Verkündigung
Arbeitsmaterial
Serendipity
Willow Creek
Glaubenskurse
Literatur
Seminare
Tipps für Gruppen
Liebe
Welt
Weisheit
Curriculum
Preis
Frauen
Gruppen
Modelle
Individualismus
Bausteine
Musik
Computer
Familien
Jugend
Behinderte
Spiel und Spaß
Gästebuch
Impressum/Links
Tipps für GesprächsgruppenleiterTipps

Individualismus in Kleingruppen

Von Dr. Gyburg Beschnidt:
Zuerst veröffentlicht in Praxis der Verkündigung 3/2000

Die Atmosphäre in unseren Gemeinden wird oft von der lange bestehenden Tradition beherrscht, dass die Anliegen der Gemeinde über die eigenen, beruflichen und familiären Interessen gestellt werden. Unsere Vorbilder haben nach der Vorstellung gehandelt:

Mattäus 6,33: Sorgt euch zuerst darum, daß ihr euch seiner Herrschaft unterstellt und tut, was er verlangt, dann wird er euch schon mit all dem anderen versorgen. (Gute Nachricht Bibel)

Die Täufer haben ihre Existenz und ihr Leben aufs Spiel gesetzt, weil sie für ihre Überzeugung eintraten. Johann Gerhard Oncken ist durch ganz Europa gereist, um Gemeinden zu gründen, auch wenn manche vielleicht ihn lieber zu Hause gehabt hätten. Und um zwei Beispiele aus unserem Jahrhundert zu wählen, für Martin Luther King und Nelson Mandela war das Eintreten für Freiheit und die Anliegen der farbigen Bevölkerung wichtiger als ihre Karriere und das Wohl ihrer Familien. Wir erwarten sicher nicht von Verantwortlichen in unseren Gemeinden und auch von Gruppen- und Gesprächsleitern, dass sie ihr Leben riskieren oder ihre Familie oder berufliche Karriere aufs Spiel setzen. Aber wir erwarten von ihnen, dass sie sich für die Gemeinde einsetzen - und manchmal leiden dann die Familie und der Beruf darunter. Oft machen wir es uns zu einfach und den Verantwortlichen es noch schwerer, wenn wir dann so tun, als seien sie daran selbst schuld - sie hätten sich ja die Arbeit besser einteilen können.

In den Kleingruppen unserer Gemeinden stoßen wir dagegen oft auf eine andere Einstellung. Sie wird formuliert mit Fragen wie: "Was habe ich denn davon?", "Was bringt mir diese Sache?" oder "Warum sollte ich denn dabei mitmachen?" Wir merken, nur weil es eine Sache der Gemeinde ist, fühlen sich viele nicht mehr verpflichtet, sich daran zu beteiligen. Das ist für Menschen, die in der oben beschriebenen Tradition stehen und sich oft ein Leben lang auch so verhalten haben, trotz aller eigener Schwierigkeiten in Familie und Beruf sehr schmerzlich. Manchmal werden dann auch Zweifel laut, wie die Zukunft der Gemeinde aussehen kann, wenn diese Einstellung noch weiter Raum greift. In den Kleingruppen entstehen dann Fragen: Wie geht es mit der Gruppenleitung weiter, wenn keiner die Verantwortung mehr übernehmen will? Wie kann man ein Treffen der Gruppe gestalten, wenn alle nur noch machen wollen, wozu sie Lust haben? Haben diese Individualisten überhaupt noch Interesse am Evangelium von Jesus Christus? Wie können wir neue Leute gewinnen, wenn sie unsere Traditionen nicht kennen und viel zu beschäftigt sind mit eigenen Dingen? Dazu kommen Klagen über sinkende Mitgliederzahlen, zurückgehende Beteiligung an Veranstaltungen und mäßige Verbindlichkeit, d.h. viele sind nur bereit, für kurze Zeit eine Aufgabe zu übernehmen, und manchmal halten sie sich dann nicht mal an diese Vereinbarung. Für Menschen aus unserer Tradition ist schwer zu akzeptieren, dass andere Angst haben, sie müßten ihre Freiheit aufgeben, wenn sie nicht mehr spontan über die Teilnahme an Hauskreisen entscheiden könnten.

Der Individualismus, d.h. die eigenen Interessen zu vertreten, hat Einzug gehalten in unsere Gemeinden, denn er bestimmt in großen Teilen unsere gesellschaftlichen Werte. Obwohl Jesus Christus den einzelnen Menschen immer geachtet hat und sich für die Interessen einzelnen eingesetzt hat, ist Individualismus und Rücksicht auf die Beziehung zu Gott und zu anderen Menschen kein biblischer Wert. Die Gemeinde wird als Leib Christi verstanden, wo jedes Glied sicher seine Eigenständigkeit und Individualität behält, aber mit den anderen Glieder zusammenarbeitet (1.Kor12,12-31). Wir wissen als Christen also um den Wert der Gemeinschaft, aber wir können diese Wertvorstellungen selbst bei vielen Gemeindegliedern nicht mehr voraussetzen. Erst in einem längeren Prozeß werden sie den Wert einer christlichen Gemeinschaft kennen lernen. Die Frage ist also: Wie können wir Menschen für die Kleingruppen, die Gemeindebibelschul-Gruppen und Hauskreise gewinnen, wenn sie so vom Individualismus geprägt sind? Den nur über den Individualismus in unserer Gesellschaft zu klagen wird die Situation nicht verändern. Vielmehr müssen wir überlegen, wie wir Menschen, die vom Individualismus geprägt sind, die biblische Form der Gemeinschaft vermitteln können.

Kleingruppen haben ausgeprägten Individualisten viel zu bieten: Das Ziel unserer Kleingruppen ist persönliche Reife, d.h. Veränderung. Für den einzelnen kann das bedeuten, dass er oder sie Charakter entwickelt, eine neues Verständnis der Bibel entwickelt, eine bessere Beziehung zu Gott und den anderen in der Gruppe wächst oder einen neuen Dienst für die Gemeinde in dieser Wert erlernt. Anders als in Therapie- oder Selbsthilfegruppen, die sehr beliebt sind, geschieht das, wie die Theologen sagen coram deo, vor Gott. Selbst in den einfachsten Handlungen handelt Gott mit und durch uns. D.h. die Kleingruppen bieten die Möglichkeit zu persönlicher Entwicklung, die nicht in der Einsamkeit oder theoretisches Lernens, sondern nur in der Beziehung zu anderen Personen und zur Person Jesu Christi erreicht werden kann.

Der Individualismus in der heutigen Gesellschaft kann also auch eine Chance sein, Menschen für die Gemeinde zu gewinnen. Denn der Individualismus hat dazu geführt, dass die familiären Bindungen lockerer geworden sind, d.h. viele leben nicht mehr in der Nähe ihrer Familien, Ehepartner trennen sich und es gibt wesentlich mehr Singles als früher. Auch die berufliche Situation ist von Konkurrenzkampf und hoher Mobilität geprägt. Viele haben noch nie wirklich Gemeinschaft erlebt. Die Kleingruppen in unseren Gemeinden können also eine gute Antwort auf die Vereinsamung, die Anonymität und die ständigen Veränderungen in unserer Gesellschaft sein. Es wird dann jedoch darauf ankommen, dass nicht nur Bibelwissen vermittelt wird oder nur ein schönes Zusammensein gestaltet wird, sondern dass Menschen eine Atmosphäre vorfinden, in der sie ihr Leben vor Gott überdenken können und mit Gottes Hilfe verändern können. Dazu gehört u.a. eine Klima der Geborgenheit, christliche Vorbilder, ein Eingehen auf die Bedürfnisse der Menschen und eine Gruppe, die bereit ist, gemeinsam zu lernen, sich zu entwickeln und zu verändern. Gerade für Individualisten bietet eine Kleingruppe die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln und wirklich Gemeinschaft kennen zu lernen.

[Willkommen] [Treffpunkt Bibel] [Praxis der Verkündigung] [Arbeitsmaterial] [Serendipity] [Willow Creek] [Glaubenskurse] [Literatur] [Seminare] [Tipps] [Spiel und Spaß] [Gästebuch] [Links]
Dr. Gyburg Beschnidt; Missionarische Gemeindedienste im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden
Postfach 12 62; 61282 Bad Homburg v.d.H.
GBeschnidt@baptisten.org