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Bildung um der Liebe willen

Von Dr. André Heinze, Leiter der Theologischen Grundkurses:
Zuerst veröffentlicht im Bildungskalender 2. Halbjahr 2000

Sonntag, 11.30 Uhr, im Gemeindefoyer: "Das war wieder eine Predigt! Hochinteressant sicherlich, aber verstanden habe ich nichts." "Genau! Immer diese Theologen!" "Kannst Du dich noch an den Bruder ... erinnern? Der hatte kein Studium, aber seine Predigten gingen zu Herzen. Da spürte man die Liebe zu Jesus. Damit konnte ich etwas anfangen." "Richtig! Seine Predigten kamen aus dem Herzen und nicht nur aus dem Kopf."

Nur fünf Meter davon entfernt: "Eine tolle Predigt! Sprachlich so gut und endlich auch inhaltlich erkennbar, dass dort einer spricht, der studiert hat." "Genau! Wenn ich da an Bruder ... denke. Das triefte nur so vor Herzblut." "Ja, hier gebraucht einer seinen Kopf, nicht nur sein Herz!"

Solche Gespräche kann man nicht nur am Sonntag nach der Predigt hören. Auch nach Gruppenstunden, ganz gleich ob in der Jugend oder bei den Senioren, Bibelstunden und selbst Gemeindestunden finden sich nicht selten ähnliche Aussagen. "Das hat man nun von den ganzen Mitarbeiterschulungen: viel Wissen, aber keine Herzenswärme mehr!" Kopf und Herz, Bildung und Liebe - nicht selten wird hier ein Widerspruch gesehen.

Sicherlich, manchmal liegt das auch an der Vermittlung. Eine hochgestochene Sprache, vielleicht sogar noch gepaart mit einer Haltung, hinter der jedes besuchte Seminar erkennbar wird, lässt Skepsis gegenüber Fort- und Weiterbildung entstehen. Früher, da kannten die Mitarbeiter doch auch "nur" ihre Bibel und das Gesangbuch. Hat das etwa nicht genügt? Und auf der anderen Seite wird der "Sprache Kanaans" häufig schon ganz grundsätzlich jeder Gegenwartsbezug abgesprochen.

Doch die Ursachen für so gegensätzliche Ansichten liegen wohl tiefer, als nur bei den Äußerlichkeiten. Auf zwei möchte ich hinweisen. Die erste ist eine unzureichende Vorstellung von dem, was "Bildung" eigentlich ist. Im derzeitigen "Informationszeitalter" wird darunter oft die reine Wissensvermittlung verstanden. Je mehr einer weiß, desto "gebildeter" scheint er zu sein. Und so ist jemand, der alle Theorien zur Gemeindearbeit kennt, in den Augen von anderen (und seinen eigenen?) bereits "gebildet". "Bildung" ist dort geschehen, wo "Kopfwissen" erzeugt wurde. Wo aber nur Wissen gesucht wird, dort bleibt tatsächlich schnell die Frage nach der Bedeutung des Gelernten für das Leben auf der Strecke. Dann mangelt es nicht selten an dem, wonach die Liebe fragt, nämlich was dem anderen denn nun tatsächlich in seinem persönlichen Leben hilft.

Die zweite Ursache für die Trennung zwischen Bildung und Liebe ist die Betonung der Beziehung als wichtigstes Gut des Lebens. Hier wird die Frage der Liebe vor allem durch einen Hinweis auf die Beziehung zu Gott beantwortet. Ist sie gegeben, so sei alles Wichtige geklärt. Freilich übersieht diese zuerst richtige Ansicht zwei Probleme. Zunächst besteht "das Leben" nach der Berufung der Bibel nicht nur in der Beziehung zu Gott, sondern auch in der zur Umwelt, zu den Mitmenschen und damit in der Herausforderung, zu den hier auftretenden Fragen Stellung zu nehmen und mit ihnen verantwortlich umzugehen. Zum anderen läßt sich kaum bestreiten, daß es auch falsche Vorstellungen von dieser Beziehung zu Gott und ihren Gestaltungen gibt. Die Auseinandersetzungen der Bibel legen hiervon ein deutliches Zeugnis ab.

So zeigt sich im Hintergrund der angeblichen Alternative von Bildung oder Liebe häufig eine unterschiedliche Vorstellung von dem, was denn das Leben bestimmt: Wissen oder Beziehung. Doch eigentlich gehört beides ganz eng zusammen.

Dies findet sich bereits in der Bibel. So verbindet z.B. 5.Mo 6,20-25 die Vermittlung des Wissens um die Rettungstaten Gottes und um seine Gebote mit der Verheißung, daß es den Menschen in ihrem Miteinander "wohl ergehen soll". Das Wissen dient einer bewussten und verantwortlichen Gestaltung der Beziehung zu Gott, die sich dann im guten Miteinander der Menschen zeigt. Und auch der biblische Begriff der "Erkenntnis" meint immer mehr, als nur "Wissen". Er zielt beständig auf die Bedeutung des Erkannten für das eigene Leben mit Gott und den Mitmenschen ab. Für die Bibel ist es ganz klar: Der Kopf braucht das Herz, damit das Wissen eine Bedeutung im Leben erhält; das Herz braucht den Kopf, damit es sich nicht "von jeglichem Wind der Lehre"(Eph 4,14) umhertreiben lässt.

Um diese Zusammengehörigkeit von Kopf und Herz wußten auch die Bildungsideale der Vergangenheit, selbst wenn sie sich nicht aus biblischen Quellen speisten. In ihnen ging es nicht allein um Wissensvermittlung, sondern um die Entwicklung der Persönlichkeit des Menschen. Durch das Wissen sollte der Mensch in die Lage versetzt werden, selbstbewußt und verantwortlich mit sich und seiner Umwelt umzugehen. Wer dies konnte, der war gebildet! Das Sammeln von Wissen war nicht Selbstzweck, sondern diente einem vernünftigen Leben. Die Bildung zielte auf die Prägung und Entwicklung des ganzen Menschen ab.

Freilich war in diesem idealistischen Bild vom Menschen kein Platz für die Erfahrung, dass er an sich selber und seinen Idealen scheitert. Hier haben die Christen immer wieder zu Recht ihr Wort erhoben und auf die Bedeutung der Vergebung und Versöhnung mit Gott hingewiesen. Doch dieser Einspruch ging dort zu weit, wo im Wunsch nach Wissen ein Widerspruch zur Botschaft des Evangeliums gesehen wurde. So kam es zu der Behauptung des Gegensatzes zwischen "Glauben" und "Wissen" und schließlich zu dem bösen Wort, dass man in der Kirche sein Wissen "an der Garderobe" abzugeben habe. Übersehen wurde dabei, dass gerade der mit Gott versöhnte Mensch die Aufgabe hat, sich und seine Welt zu verstehen, um mit ihr vor Gott verantwortlich umzugehen. Hierzu ist aber "Wissen", durchaus nötig. Eine "Verteufelung" von Bildung im allgemeinen oder von Wissen im speziellen steht also im Widerspruch zur Aufgabe der Christen in der Welt, den Menschen in ihrem Leben zu helfen. So fördert die Erfahrung der Botschaft von der Versöhnung geradezu die Frage nach Bildung und damit auch nach Wissen.

Von daher erhalt nun auch die Bildungsangebote in den Gemeinden ihre große Bedeutung. Schulungen für die Gemeindearbeit, die neues Wissen über die Bibel, über Gruppenarbeit, Predigtlehre, Seelsorge, Gemeindeorganisation oder anderes vermitteln, können und sollen das eigene Leben und auch die Mitarbeit in der Gemeinde oder darüber hinaus stärken. Und es ist dabei immer wieder gerade die Frage der Liebe, wie denn dem Leben der Menschen in ihren vielfältigen Beziehungen geholfen werden kann, die zum Wunsch nach Weiter- oder Fortbildung führt. Die Wunsch nach Bildung und ihr Angebot ersetzt also nicht die Liebe, sondern ist vielmehr die Folge von ihr. Wer einen anderen liebt, der fragt, wie ihm am besten geholfen werden kann.

Dabei ist das Angebot von Weiter- und Fortbildung zuerst selber ein Liebesdienst Gottes an deren Teilnehmern. Natürlich geht es dabei oft auf den ersten Blick um das Gewinnen von Wissen. Aber mit diesen neuen Einsichten wird zugleich das eigene Denken, Leben und Handeln herausgefordert und wohlmöglich verändert. Wo dies stattfindet, dort wird aus der Wissensvermittlung wirkliche Bildung, dort haben die Lehrer die Liebe Gottes durch die Bildung gestaltet.

Dieselbe Aufgabe haben dann auch die so Geschulten in ihrer Mitarbeit in den Gemeinden. Sie sollen ihr neues Wissen so einzusetzen, dass den Menschen für ihr Leben geholfen wird. Hierfür müssen die Situationen beachtet werden, in denen sie stehen, muß auf die Fragen gehört werden, die sie haben. Aus diesem Achten auf die Menschen ergibt sich immer wieder neu, welche Sprache und welches Auftreten am angemessensten ist. Dies wird in der Mitarbeit in einem Jugendtreff natürlich ganz anders aussehen als in einer Bibelstunde. Solche Unterschiede zu akzeptieren, sie wahrzunehmen und die passende Gestalt der Vermittlung jeweils neu zu finden, zeugt von einem wachen Herzen, einem Herzen, das dem anderen Menschen in seinem Leben helfen möchte und damit den Auftrag Christi an ihm erfüllt. Denn darum geht es doch in aller Gemeindearbeit: Die Liebe Gottes anzubieten, durch die Menschen getrost und gestärkt in ihren Alltag gehen können. Bei dieser Aufgabe stehen Bildung und Liebe, Kopf und Herz nebeneinander - und zwar Hand in Hand.

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Dr. Gyburg Beschnidt; Missionarische Gemeindedienste im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden
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